9/18/2008

Bleak Future Ahead For French Literature Studies in Europe

Says ULRICH SCHULZ-BUSCHHAUS in: Die Zukunft der (französischen) Literaturwissenschaft:

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Drastischer ist die zweite Erfahrung, von der ich berichten möchte. Im Auftrag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit der Überprüfung von qualifizierten Anträgen auf Dissertationsstipendien befaßt, stoße ich auf den Antrag eines jungen Philosophen, der sich zum Ziel gesetzt hat, Edward Saids Orientalism mithilfe von Derrida und anderen Exponenten des „Poststrukturalismus“ auf ein höheres gedankliches Niveau zu heben. Der Antrag ist gewinnend und nicht unverständig formuliert; doch irritiert mich am Ende seine Bibliographie, in der – zwei Kolonnen lang – Schriften von Derrida und Foucault ausschließlich in deutscher oder englischer Übersetzung erscheinen. Verwirrt konsultiere ich die Angaben des Kandidaten zu seiner Person, um aus ihnen zu erfahren, daß er als „Spezialgebiet“ den Komplex „Französische Gegenwartsphilosophie“ betrachtet, während als „Sprachkenntnisse“ erwähnt werden: „Englisch, neuerdings etwas Spanisch“. Dabei verrät die letztere, meines Erachtens kompromittierende Angabe, daß der Spezialist für französische Gegenwartsphilosophie der französischen Sprache offenbar nicht nur unkundig ist, sondern daß er dies Defizit – „neuerdings etwas Spanisch“ lernend – wohl nicht einmal als hermeneutisches Problem wahrzunehmen vermag.

Ich habe beide Erfahrungen hier relativ detailliert wiedergegeben, weil ich sie für einen bestimmten Aspekt, der dem allmählichen Verblassen französischer Kultur anhaftet, aufschlußreich finde.

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Wie groß die Macht des Unifizierungsinteresses wirklich ist, zeigt dagegen der Umstand, daß die Etablierung des Englischen als alleiniger Kultur-und Wissenschaftssprache in Europa – soweit ich das politisch beurteilen kann – in erster Linie ja keineswegs aus traditionell nationalistischen Motiven von Großbritannien (und nicht einmal von den USA) selber betrieben wird. Weit größere Energie scheinen beispielsweise die kleineren Nationen germanischer Sprache – Österreich, die Niederlande, zunehmend auch Deutschland – in das Anglophonie-Projekt zu investieren. Ihm gegenüber haben die herkömmlichen Reverenzen, welche Politiker und Wissenschaftsfunktionäre aus dem primär oder sekundär englischsprachigen Europa der französischen Kultur von Zeit zu Zeit erweisen, offenbar nur noch wenig zu besagen.

http://gams.uni-graz.at/fedora/get/o:usb-067-241/bdef:FOtoPDF/get

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